Wenn Männer während des Sex das Kondom abziehen, um in der Frau zu kommen, ist das respektlos und gefährlich. Doch “Stealthing” tritt immer häufiger auf.
Wenn wir mit jemandem schlafen, spielen Vertrauen und Ehrlichkeit eine wichtige Rolle. “Stealthing” ist alles andere als aufrichtig und verkörpert genau das Gegenteil. Zieht der Mann beim Sex heimlich und ohne gemeinsames Einvernehmen das Kondom vom Penis, um in der Frau zu kommen, ist das nicht bloß respektlos und dreist, sondern kann auch weitreichende Folgen haben: eine ungewollte Schwangerschaft oder – im schlimmsten Fall – die Infektion mit einer Geschlechtskrankheit.
Besonders verstörend ist, dass die zweifelhafte Sexpraktik offenbar zahlreiche Befürworter zu finden scheint. Die Motive der Männer, die heimlich das Kondom abziehen, sind nicht minder fragwürdig.
Die US-Amerikanerin Alexandra Brodsky hat im April eine Studie zum “Stealthing” im “Columbia Journal of Gender and Law” veröffentlicht. Die Juristin plädiert dafür, dass heimliches Kondom-abziehen einer Vergewaltigung nahekomme und deshalb als Straftat behandelt werden sollte. Denn von einvernehmlichem Sex könne dann nicht mehr die Rede sein.
Abgesehen von den gesundheitlichen Risiken ist das “Stealthing” für die Frau auch überaus verletzend und erniedrigend. Das wird umso deutlicher, wenn man sich auf die Suche nach den Beweggründen der Männer für diese Sexpraktik begibt. “Man kann erkennen, dass die Überzeugung der ‘Stealthing’-Befürworter in einer Ideologie der männlichen Überlegenheit verwurzelt ist, in der Gewalt ein natürliches Recht des Mannes ist”, schreibt die Yale-Absolventin in ihrer Studie.
Brodsky stieß bei ihrer Recherche auf Internetforen, in denen sich die Befürworter des “Stealthing” darüber austauschten, wie sie es am besten anstellen, wenn sie beim Geschlechtsverkehr unbemerkt das Kondom abziehen wollen. Unfassbar: Sogar eine Anleitung fand sie in einem der Foren.
Einige Männer, die Stealthing praktizieren, vertreten die abstruse Ansicht, dass es ihr gutes Recht sei, ihren “Samen zu verbreiten”, wo auch immer sie wollen. Andere sind der Meinung, dass es dann auch rechtlich geahndet werden müsse, wenn die Frau mit Absicht die Pille vergesse und daraus eine Schwangerschaft resultiere. Doch das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, denn dieser Fall grenzt nicht an sexuelle Nötigung. Was beide gemeinsam haben: Das Vertrauen ist danach futsch!